Hallo und herzlich willkommen zu meinem ersten Blog-Beitrag für die SPD Schleiden! In diesem Format möchte ich mich mit aktuellen politischen Themen beschäftigen, und mit Diskussionen von innerhalb und außerhalb der Partei auseinandersetzen. In diesem ersten Beitrag möchte ich erst einmal meine grundsätzlichen Gedanken zur gegenwärtigen Situation der Sozialdemokratie in Deutschland und Europa erklären, und warum ich denke, dass wir trotz unseres aktuellen Tiefs alle Chancen in der Welt haben, die Zukunft aus einer politisch starken Position mitzugestalten – sofern wir uns auf einige entscheidende Veränderungen einlassen.

Zur momentanen Lage der SPD
Seit mehreren Jahren nun fragen sich Wähler auf der einen genau so wie Parteimitglieder auf der anderen Seite, warum sich die älteste Partei Deutschlands in einem Trend nach unten befindet: Eine Wahlniederlage scheint sich an die andere zu reihen, in Umfragen zur Bundestagswahl liegen seit geraumer Zeit die Grünen auf dem zweiten Platz hinter der Union – undenkbar noch vor ein paar Jahren. Noch vor zwei Jahren schien unsere Partei dabei wie elektrisiert: Mit der Wahl von Martin Schulz zum
neuen SPD-Vorsitzenden kamen tausende Neubeitritte, eine unheimlich motivierte Basis und endlich auch ein Spitzenkandidat, der als ausscheidender Präsident des Europäischen Parlaments mit Angela
Merkel in Erfahrung auf der großen Bühne mithalten konnte. In Umfragen konnten wir die Union überholen, und mit dem angekündigten Ende der Großen Koalition schien eine neue Ära in der bundesdeutschen Politik anzubrechen.

Doch kam es dazu nie. Warum?
Die ersten kritischen Stimmen ließen im „Schulz-Hype“ nicht lange auf sich warten. „Zu vage“ sei das Programm, zu groß der Fokus auf unspezifische Begriffe wie „Soziale Gerechtigkeit“. Obwohl diese Kritik zunächst wenig gegen die Begeisterung auslösen konnte, wurden die Fragen doch immer lauter: Wo sieht die SPD eigentlich die großen Fragen unserer Zeit, was sind die Kernprobleme unserer Gesellschaft und wie positioniert die SPD sich auf der Suche nach Lösungen zu beiden? Es waren diese Fragen, oder treffender, die Antworten, die wir in den Augen der Wähler schuldig geblieben sind, die mit der Zeit zum Ende des Hypes beigetragen haben. Und meiner Ansicht nach sind es auch diejenigen, die für den Absturz der Partei in den letzten Jahren verantwortlich sind.

Wo liegt das Problem?
Die eigene Position hauptsächlich dadurch zu definieren, dass man für gute, universale Werte wie „Soziale Gerechtigkeit“ steht, ohne auch zu formulieren, wogegen man warum kämpft und woher die Probleme in der Gesellschaft überhaupt kommen, macht einen austauschbar. Da hilft einem auch der Markenname „SPD“ nicht mehr, denn Probleme in der Gesellschaft lösen will theoretisch jede Partei. Ein Beispiel: Natürlich wollen wir gegen Kinderarmut vorgehen, und es ist gut und richtig, dass wir dafür
einstehen, dass jeder in unserer Gesellschaft mit den gleichen Chancen ins Leben startet. Die Sache ist aber, dass die anderen Parteien sagen, dass sie genau dasselbe wollen: „Gegen Kinderarmut“ ist ein Slogan, den jede Partei für sich nutzen würde – „Pro Kinderarmut“ dagegen nicht, logisch. Warum also, so fragt man sich als Wähler, sollte ich SPD wählen, wenn alle anderen Parteien angeblich genau das gleiche erreichen wollen? Die SPD erscheint austauschbar – unabhängig davon, ob die Maßnahmen in unserem Programm besser sind als die der anderen Parteien.

Und wie lässt es sich lösen?
Was uns fehlt, ist ein „Narrativ“ – eine Erklärung, eine umfassende Weltsicht, die nicht nur nach Maßnahmen gegen Probleme der Alltagspolitik sucht, sondern deren Ursache auf den Grund geht. Was
wir brauchen, ist dementsprechend eine Rückbesinnung darauf, was die SPD zur Stimme der Unter- und Mittelschicht gemacht hat: Der Kampf dafür, den Wohlstand in der Gesellschaft gerecht zu verteilen.
Entstanden ist unsere Partei aus den Herausforderungen des ungebändigten Kapitalismus der Industrialisierung, in der ein immer größerer Teil der Gesellschaft trotz Arbeit in die Armut abgedriftet
ist, während ein kleiner Personenkreis die immer größeren Profite für sich einstreichen konnte. Mit der Globalisierung befinden wir uns heute auf einem ganz ähnlichen Kurs.

Die Globalisierung – Unsere „Industrielle Revolution“
Die Wohlstandsungleichverteilung ist so hoch wie zuletzt zur Zeit des Kaiserreichs. Während immer mehr Menschen in die Armut abdriften, ganz besonders Kinder und Senioren, übertrumpfen sich Manager
bei prominenten Unternehmen Jahr für Jahr damit, wer den größten Millionenbonus einstreichen kann – egal, ob er das Unternehmen vor die Wand gefahren hat. Und dabei nebenbei vermutlich auch unzählige
Leute durch den Verlust von ihrem Arbeitsplatz zu genau der Armut verdammt, denn von diesen Millionen bekommt niemand auch nur einen Cent. Während unsere Infrastruktur zunehmend maroder wird und dringend Investitionen brauchen würde und die Digitalisierung beinahe zum Stillstand gekommen ist, klopfen wir uns auf die Schulter, weil wir einmal mehr unsere schwarze Null gehalten haben, von der kein normaler Mensch im ganzen Land auch nur in irgendeiner Weise in seinem Alltag
profitiert. Wir erlauben riesigen Unternehmen, jedes Jahr Milliarden an Steuern zu unterschlagen, sehen zu, wie immer mehr Arbeitsplätze ans andere Ende der Welt verlagert werden, um auch den fünften Dienstwagen des dafür Verantwortlichen zu finanzieren, und wundern uns dann, dass die Leute uns nicht mehr glauben, wenn wir sagen, dass wir für sie einstehen.

Gemeinsam gegen Rechts
Denn all das ist passiert, nachdem wir in 16 der letzten 20 Jahre an der Regierung beteiligt waren. Immer mehr Menschen werden von diesen Entwicklungen der Moderne zurückgelassen, und suchen da Antworten, wo die Sozialdemokratie sie im Stich gelassen zu haben scheint. Oft genug geschieht das am rechten Rand. Denn während sie dort mit Hetze gegen Ausländer und andere Minderheiten die absolut falschen Antworten vorfinden, die nichts bewirken als die Schwächsten der Gesellschaft gegeneinander auszuspielen, denken sie dort oft, endlich die Antworten gefunden zu haben, die ihnen vom Rest der Politik vorenthalten wurden. Genau darauf zählen andersherum rechte Stimmenfänger, die mit
Verschwörungstheorien über die Bundesregierung, die angeblich parteiischen Medien etc. auf genau diejenigen abzielen, die für solche Botschaften empfänglich sind: Leute am Limit, ohne Perspektive, ohne
Antworten, ja gar ohne die richtigen Fragen, wenn es darum geht, woher ihre Probleme stammen. Es ist unsere Aufgabe, dem Hass und der Fremdenfeindlichkeit nicht das Spielfeld zu überlassen, und dem
Zukunftsbild der Ausgrenzung von Minderheiten eines der Hoffnung für alle entgegenzusetzen. Und das bedeutet eben nicht nur, sich für gute Dinge einzusetzen – (was selbstverständlich dazugehört!) – es bedeutet auch, klar aufzuzeigen, wogegen wir einstehen: Gegen denselben ungebändigten, globalen, menschenfeindlichen Kapitalismus der Industrialisierung, in dem der Mensch wenig mehr als ein kleines Zahnrad ist, das zur Profitsteigerung der Maschinenbesitzer beitragen muss, und ansonsten entsorgt wird.

Schlusswort
Darin, in einem klaren Profil, der Rückkehr zu unseren thematischen – und narrativen – Wurzeln, und einer unnachgiebigen Verteidigung beider, sowohl gegen andere Parteien als auch die mächtigen Interessen, die uns in diesem Fall entgegenstehen werden, liegt unsere Hoffnung. Die Globalisierung bietet wie die Industrielle Revolution unzählige Chancen, aber auch Herausforderungen – und es ist an uns, diese im Sinne einer offenen, liberalen, gerechten Gesellschaft zu bewältigen. Mit welchen konkreten politischen Maßnahmen wir dazu beitragen können, möchte ich in einem zukünftigen Beitrag behandeln.

Bis dahin bedanke ich mich für‘s lesen, und hoffe, dass mein Beitrag ein kleiner Schritt auf dem richtigen Weg sein kann.

Viele Grüße und bis zum nächsten Mal,

Jonathan Conrads